Die Geschichte Österreichs

5. 1918-1938: Das Ende der Monarchie, die Erste Republik und der Ständestaat

1. Ende der Monarchie, Beginn der Republik

Der Erste Weltkrieg dauerte von 1914 bis 1918. Damals war Österreich-Ungarn mit Deutschland, Bulgarien und der Türkei verbündet. Dieses Bündnis verlor den Ersten Weltkrieg. Die Niederlage führte zum Zerfall des „Vielvölkerstaates“ Österreich-Ungarn. Damit endete auch die Herrschaft der Habsburger.

(c) Bildarchiv Austria
Dr. Karl Renner, erster Staatskanzler der Republik Österreich von 1918 bis 1920; Bundespräsident von 1945 bis 1950
Dr. Karl Renner

Auf dem Gebiet des alten Österreich-Ungarn wurden 1918 neue Staaten gegründet. Damals entstanden die Tschechoslowakei, Polen, Jugoslawien sowie ein verkleinertes Ungarn und ein verkleinertes Österreich. Teile des alten Österreich-Ungarn gehörten nach 1918 zu Italien und zu Rumänien. Die Grenzen all dieser Länder wurden neu festgelegt. Das führte in vielen Fällen zu heftigem Streit und zu neuen Feindschaften.

Im November 1918 wurde die Republik Österreich ausgerufen. Karl Renner wurde der erste Staatskanzler (= Regierungschef). Zur Republik Österreich gehörten jene Gebiete des Alpen- und Donauraums, in denen die meisten Einwohner/innen Deutsch sprachen. Deshalb sollte das Land ursprünglich „Republik Deutsch-Österreich“ heißen.

 

1919 schlossen die Sieger des Ersten Weltkrieges mit Österreich in Saint Germain (= ein Vorort von Paris) einen Friedensvertrag. Dieser Friedensvertrag verbot Österreich die Vereinigung mit Deutschland und legte auch den Namen des Staates fest: „Republik Österreich“.

 

Im Oktober 1920 wurde die österreichische Bundesverfassung (B-VG) beschlossen. Sie ist auch heute noch gültig. Durch diese Verfassung ist die Republik Österreich ein Bundesstaat. Seit 1921 hat Österreich neun Bundesländer. Wien wurde zu einem eigenen Bundesland, und das Burgenland kam als neues Bundesland hinzu.

Starke Inflation bedeutet, dass die Preise für Güter rasch steigen. Man kann sich dann um denselben Geldbetrag weniger kaufen als zuvor.

2. Viele Krisen und das Ende der Ersten Republik

Nach ihrer Gründung erlebte die Republik Österreich mehrere Krisen. In den 1920er Jahren gab es in Österreich zuerst eine hohe Inflation (= Geldentwertung). Ab 1929 war Österreich – wie die meisten anderen Länder – von einer großen Krise der Weltwirtschaft betroffen. Viele Menschen in Österreich wurden arbeitslos.

Der österreichische Bundeskanzler Engelbert Dollfuß und seine christlich- soziale Regierung nützten die Krisensituation: 1933 schaltete Dollfuß das Parlament aus. Er wollte einen autoritären Staat gründen. Autoritär ist eine Regierung dann, wenn sie ohne demokratische Kontrolle, also ohne gewähltes Parlament, regiert.

(c) Bildarchiv Austria
Engelbert Dollfuß (Bundeskanzler 1932-1934)
Engelbert Dollfuß

An die Stelle der „Ersten Republik“ trat der „christlich-deutsche Ständestaat“ Österreich. Dieser Staat hatte keine demokratisch gewählten Institutionen. Er stützte sich unter anderem auf die katholische Kirche und wollte die politische Unabhängigkeit Österreichs gegenüber Deutschland aufrechterhalten.

 

Im Februar 1934 kam es zu einem Bürgerkrieg. Auf der einen Seite standen die Regierung des Ständestaates und die christlich-sozialen Milizen. Diese Milizen waren mit der Regierung verbündet. Auf der anderen Seite kämpfte die verbotene sozialdemokratische Partei und ihre Miliz. Die Regierung des „Ständestaates“ gewann den Bürgerkrieg, weil sie sowohl ihre Milizen, als auch das Bundesheer einsetzen konnte.

 

Ein Putsch ist ein Umsturz, den eine kleine Gruppe durchführt, um die Macht im Staat zu übernehmen.

Im Sommer 1934 versuchten die Nationalsozialisten einen Putsch gegen die österreichische Regierung und ermordeten den Bundeskanzler Dollfuß. Aber noch scheiterte damals eine Machtübername durch die Nationalsozialisten und der „Anschluss“ an Deutschland.

Doch im März 1938 wurde Österreich Teil des nationalsozialistischen Deutschland. Einerseits war die Macht Deutschlands bereits zu groß. Andererseits gab es in Österreich sehr viele Menschen, die den „Anschluss“ an Deutschland wollten. Die Regierung des Ständestaates unter Kurt Schuschnigg trat im März 1938 unter dem Druck Hitler-Deutschlands zurück. Das österreichische Bundesheer leistete keinen militärischen Widerstand.

(c) Bildarchiv Austria
Verkündung des „Anschlusses“ Österreichs an Deutschland auf dem Wiener Heldenplatz
Wiener Heldenplatz Verkündung

3. Erste Republik und Ständestaat: Was lief schief?

Die „Erste Republik“ stand von Beginn an unter keinem „guten Stern“: Am Anfang wollten viele Einwohner/innen Österreichs nicht Bürger/innen eines kleinen Staates sein. Sehr viele wünschten sich den „Anschluss“ Österreichs an Deutschland. Dieser „Anschluss“ wurde jedoch von den Siegern des Ersten Weltkrieges verboten.

 

Ein großer Teil der Bevölkerung empfand auch die neuen Grenzen des Staates als ungerecht. Besonders die Abtrennung von Südtirol, wo die meisten Menschen Deutsch sprachen, führte zu Protesten. Dazu kam, dass der Zerfall Österreich-Ungarns negative wirtschaftliche Folgen hatte. Aus einem großen einheitlichen Wirtschaftsraum wurden mehrere kleine Wirtschaftsräume. Neben der hohen Inflation gab es wirtschaftlichen Stillstand, eine hohe Arbeitslosigkeit und eine wachsende Unzufriedenheit. Auch Antisemitismus vergiftete das Klima.

 

Unzufriedenheit und wirtschaftliche Not verstärkten die politische Radikalisierung. Die Parteien sahen einander nicht als politische Konkurrenten, sondern als Feinde. Die großen Parteien hatten eigene bewaffnete Milizen: Dies waren die Milizen der christlich-sozialen Partei, der sozialdemokratischen Partei und ab den 1930er Jahren auch die Milizen der nationalsozialistischen Partei.